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Vollzeitnahe Teilzeit als Chance – nicht nur für Frauen

Was auf den ersten Blick etwas sperrig klingt, kann bei genauerem Hinsehen eine Chance sein – nicht nur für die Frauen. Ist die vollzeitnahe Teilzeit der Durchbruch für viele berufstätige Frauen und Männer auf dem Weg zu einer gerechteren Aufteilung Care-Arbeit? Die Sache anzugehen, ist höchste Zeit und auf jeden Fall ein Anfang!

Das Arbeitszeitmodell vollzeitnahe Teilzeit oder Teilzeit plus vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) mit 70-80 Prozent der Wochenstunden definiert, kombiniert die Vorteile der Vollzeitbeschäftigung und der Teilzeitarbeit auf ideale Weise. Gleichzeitig berücksichtigt es die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer speziell im Hinblick auf die nötige Flexibilität in der Familienarbeit.

Das Modell vollzeitnahe Teilzeit funktioniert in zwei Richtungen: Für Unternehmen bietet es die Chance, dem Fachkräftemangel zu begegnen, indem sie die aktuell teilbeschäftigten und unbeschäftigten weiblichen Arbeitskräfte aktivieren; und für Frauen ergeben sich daraus viele Verbesserungen auf dem Weg in die Gleichstellung:

  • Finanzielle Stabilität: Vollzeitnahe Teilzeit ermöglicht eine eigenständige Existenzsicherung und auf längere Sicht eine Reduzierung der Altersarmut bei Frauen.
  • Geteilte Care-Arbeit: Vollzeitnahe Teilzeit ermöglicht Frauen und Männern eine reale Möglichkeit Erwerbs- und Care-Arbeiten innerhalb der Familien gerecht zu teilen. Das würde nicht nur die Lebensqualität der aktuell mehrbelasteten Frauen verbessern, sondern traditionelle Rollenmuster verändern.
  • Karriere und Gleichstellung: Vollzeitnahe Teilzeit trägt zur Förderung der Gleichstellung am Arbeitsplatz bei: Frauen können ihre Fähigkeiten und Erfahrungen in die Arbeitswelt einbringen, sich beruflich weiterentwickeln und anspruchsvolle Positionen übernehmen, ohne ihre anderen Lebensbereiche vernachlässigen zu müssen. So könnte eine vielfältigere und inklusivere Arbeitskultur entstehen.

Der BayLFR begrüßt ausdrücklich die Debatte um die vollzeitnahe Teilzeit für alle Berufstätigen, die nunmehr an Fahrt aufnehmen muss. Das Thema vollzeitnahe Teilzeit muss im Fokus der Bundesregierung, der Bayerischen Staatsregierung und der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände bleiben, gerade im Sinne von berufstätigen Frauen, die mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu kämpfen haben. Nun gilt es, eine geschlechtergerechte, aber auch wirtschaftlich verträgliche vollzeitnahe Teilzeit zu entwickeln und zu etablieren.

Wir danken den Mitgliedern des Fachausschusses Sozial- und Beschäftigungspolitik Sissi Banos, Franziska Buchberger, Barbara Emrich, Kerstin Haimerl-Kunze, Andrea Hinterwaldner, Marianne Keuschnig, Claudia Nußmann, Brigitte Tarras und Ursula Werner für ihre fachlichen Expertisen.

 

Wir sind ein Zusammenschluss von 58 Landes-Frauenverbänden und Frauengruppen gemischter Landesverbände, sind überparteilich, überkonfessionell und unabhängig und vertreten insgesamt knapp vier Millionen Frauen in Bayern. Seit unserer Gründung 1973 tragen wir zur Verwirklichung von Gleichberechtigung und Chancengleichheit von Frauen in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft bei.