„Deutschland darf nicht der Puff Europas bleiben“ und „Ein Sexkaufverbot verhindert nicht automatisch Zwangsprostitution und Menschenhandel“
Knapp 60 Frauen aus den Mitgliedsverbänden des Bayerischen Landesfrauenrates (BayLFR) waren am 25. April 2023 zur Vollversammlung nach München gekommen. Haupttagesordnungspunkt: „Sexkaufverbot – JA oder NEIN“. Die Aussprache verlief kontrovers, aber auch sehr differenziert.
Die heftige öffentliche Diskussion zum Prostituiertenschutzgesetz und dessen Evaluierung in 2025 nahm der BayLFR zum Anlass seine Delegierten um ihre Meinung zu bitten. Im Vorfeld hatten das Präsidium und die Geschäftsstelle des BayLFR ihre Mitglieder mit einer Podcast-Serie auf eine Denkreise (https://www.lfr.bayern.de/aktuelles/inhalte/56811/) geschickt. Die Präsidentin Monika Meier-Pojda: „Wir versuchten möglichst viele Aspekte von Sexkaufverbot – JA oder NEIN zu beleuchten. Damit wollten wir ein breites Spektrum bieten, um in die Materie reinzukommen: Von den Anfängen der Prostitution bis in die Gegenwart, der aktuellen Rechtslage, also dem geltenden Prostituiertenschutzgesetz, und dessen Auswirkungen. Alle Folgen wurden gleichzeitig veröffentlicht, so dass keine inhaltliche Wertung erfolgte.“ Das Angebot wurde von den Mitgliedsverbänden und ihren Delegierten sehr gut angenommen.
Die Journalistin und Moderatorin Barbara Streidl leitete die Aussprache, an der sich die Delegierten lebhaft beteiligten. Folgende Argumente und Forderungen wurden u. a. formuliert:
„Frauen sind keine Ware“, Prostitution muss abgeschafft werden“, „Freierbestrafung reicht nicht aus“, „Unterstützungsangebote auch in den Herkunftsländern“ „Differenzierung zwischen legaler Prostitution, Zwangsprostitution und Menschenhandel“ „Sexkaufverbot vergrößert das Dunkelfeld“, „Beratungsstellen, therapeutische Hilfen und finanzielle Unterstützung ausbauen“, „Heraufsetzung des Mindestalters auf 21 Jahre“, „Bessere Ausstattung der Strafverfolgungsbehörden“, „Aufklärung an Schulen (Lover-Boy-Methode)“, „Verstärkte öffentliche Diskussion zur Prostitution“, „Die Probleme müssen auf Bundesebene endlich gelöst werden“, „Freierbestrafung in den Sperrbezirken“, „Effektivere Maßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel“, „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen geändert werden“.
Die anschließende Abstimmung erstaunte mit folgendem Ergebnis:
Von den 56 Stimmberechtigten waren 16 Frauen für ein Sexkaufverbot,
16 Frauen dagegen und 24 Delegierte enthielten sich.
Präsidentin Meier-Pojda fasst zusammen:
„Der Status Quo ist: Mit dem Prostituiertenschutzgesetz sollen Prostituierte besser geschützt und Zwangsprostitution und Menschenhandel bekämpft werden. Es geht um Schutz. Die Frage ist, ob die Schutzbedürftigen tatsächlich geschützt werden und ob man sie überhaupt erreicht. Prostitution ist ein Thema, mit dem sich offenbar niemand gerne beschäftigt. Auch der Bundesgesetzgeber nicht, sonst würde man sich mit der Evaluation und somit der Effektivität des Gesetzes nicht bis 2025 Zeit lassen.“
Anders der Bay LFR, der sich mit dem Thema ausführlich auseinandersetzt. Der Überhang an Enthaltungen bei der Abstimmung macht aber deutlich: Je mehr man sich mit den Fakten beschäftigt, desto weniger kann man sich für eine klares JA oder NEIN zum Sexkaufverbot positionieren, um Zwangsprostitution und Menschenhandel effektiv zu bekämpfen. Keines der aktuell zur Wahl stehenden Modelle löst das Problem. Der Bundesgesetzgeber ist gefragt.