Der BayLFR-Neujahrsempfang: „Feminismus – wann, wenn nicht jetzt?“
Am 25. Januar hatte der Bayerische Landesfrauenrat (BayLFR) zum Neujahrsempfang in die Allerheiligen-Hofkirche der Residenz in München eingeladen. Das Motto der Veranstaltung: „Feminismus – wann, wenn nicht jetzt?“. Trotz Bahnstreik und widriger Wetterbedingungen waren an die 200 geladene Gäste in die wunderschön restaurierte und herrlich ausgeleuchtete Allerheiligen-Hofkirche gekommen.
BayLFR-Präsidentin Monika Meier-Pojda begrüßte die Gäste und kam gleich auf den Punkt: „Der Feminismus hat keineswegs ausgedient, sondern hat weiterhin große Relevanz.“ Sie beschwor den „Neuen Feminismus“ und lud die Männer ausdrücklich ein, gemeinsam für Geschlechtergleichstellung und für eine gerechtere Welt zu kämpfen. Gerade unter dem Aspekt des aktuellen Rechtspopulismus sei es notwendig, so Meier-Pojda weiter, dass Demokratinnen und Demokraten gemeinsam Strategien entwickeln, um rechtsradikalen Tendenzen entgegenzuwirken. Denn: „Demokratie ist kein statisches Gebilde, das von alleine funktioniert!“
Auch die Journalistin und Moderatorin Barbara Streidl, die durch den Abend führte, setzte gleich zu Beginn ein Zeichen mit dem berühmten Zitat der französischen Frauenrechtlerin Olympe de Gouges aus dem Jahr 1793: „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednerbühne zu besteigen.“ Lächelnd und froh auf die Bühne und nicht aufs Schafott bitten zu müssen, bat sie Staatsministerin Ulrike Scharf zu sich. Ministerin Ulrike Scharf bezog klar Stellung zur Frage des Abends: „Brauchen wir weiterhin den Feminismus? Meine Antwort lautet: Ja! Wir brauchen Frauen, die sich für gleiche Rechte und Chancengleichheit einsetzen. Ja! Wir brauchen starke Frauen als Vorbild für unsere junge Generation. Ja! Wir brauchen Frauen, die Verantwortung übernehmen und sich im Wettbewerb durchsetzen. Für mich ist entscheidend: Wenn wir für Frauenrechte kämpfen, kämpfen wir für Menschenrechte. Und das ist leider notwendiger denn je“.
Sie dankte den Akteurinnen des BayLFR für „ihr Engagement im Dienste der Frauen und damit im Dienste von ganz Bayern“ und versprach, gemeinsam weiter zu arbeiten und zu kämpfen, „damit Gleichstellung tatsächlich gelebte Realität wird und der Feminismus irgendwann tatsächlich nicht mehr nötig ist“.
„Aber noch brauchen wir den Feminismus“, mit diesen Worten leitete Barbara Streidl zum nächsten Programmpunkt über – zu einer Veteranin des deutschen Feminismus. Alice Schwarzer, die in den 70er und 80er Jahren mit zahlreichen Aktionen und Projekten und nicht zuletzt mit dem Magazin EMMA Furore gemacht hatte, steht heute nicht mehr im Rampenlicht. Im Gegenteil, viele Vertreterinnen des „Neuen Feminismus“ sehen sie durchaus kritisch. Eine, die sich mit der Person Alice Schwarzer intensiv beschäftigt hat, ist die Journalistin Susan Djahangard. Zusammen mit ihrer Kollegin Gabi Herpell hat sie den Podcast „Who the f*** is Alice? Eine Frau ist ein Mensch“ produziert. Unterhaltsam berichtete sie über ihre Zusammenarbeit als „Millenial“ mit der „Boomerin“ Gabi Herpell.
So habe sie gemerkt, wie wenig sie eigentlich über Alice Schwarzer wusste, und wie wichtig es sei anzuerkennen, was Alice Schwarzer alles erreicht habe. Dennoch verkörpere sie die „alte weiße Frau“, deren Motto es immer noch sei: „Ich rede, ich sende!“ Auf die Frage, ob es eine neue „Feministin vom Dienst“ brauche, antwortete Djahangard schlagfertig: „Der aktuelle Feminismus kann vielfältig gedacht werden. Ich bin froh, dass es so viele verschiedene Stimmen gibt.“
Passend zu Djahangards Resümee betrat eine Frau aus dem frühen 20. Jahrhundert die Bühne. Clara Zetkin, lief zögernd, in bodenlangem Kleid und Dutt, auf und ab und sinnierte über ihre Rede, die sie zu den Errungenschaften der Frauenbewegung halten sollte. Sogleich gesellten sich Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer und Laurie Penny dazu. In wortgewaltigen Dialogen und hitzigen Diskussionen begaben sich die vier Frauen auf eine Reise durch die letzten 100 Jahre der Frauenbewegung. Was haben sie erreicht? Was haben sie versäumt? Und wie um Himmels Willen kommen sie auf die gleiche Gala?
Nach einem furiosen Ritt durch die Jahrzehnte endeten die vier Aktivistinnen schließlich mit der Frage: „Wann, wenn nicht jetzt?“ Der Kampf um Frauenrechte war zu jeder Zeit angebracht – gestern wie heute.
Als krönender Abschluss trat der Geist der Zukunft auf, der bekanntgab, dass es in Zukunft nur noch ein Geschlecht geben würde: „Das Mensch.“ Die vier Aktivistinnen schauten sich daraufhin irritiert an und vermissten den Individualismus.
Nach tosendem Applaus mischte sich das Ensemble La Vie, dann wieder als Frauen des 21. Jahrhunderts, unters Publikum. Beim anschließenden Buffet trafen die vielen Frauen der unterschiedlichen Generationen zusammen und tauschten sich aus. Trotz aller Unterschiede waren sich alle einig: „Ja, wir brauchen den Feminismus mehr als früher.“ „Wir müssen aufpassen, dass sich das Rad nicht zurückdreht, denn die Rechtspopulisten sind auf dem Vormarsch.“ „Da müssen wir stärker sein!“ Und Präsidentin Meier-Pojda appellierte zum Schluss: „Es geht nur gemeinsam. Der neue Feminismus sucht nicht die Spaltung, sondern Zusammenarbeit für ein gleichberechtigtes Miteinander.“